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Griechisch hätte sinnvoll sein können

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  Ja, dergleichen habe ich gelernt im altsprachlichen Gymnasium. Selbstverständlich mussten wir auch den oben abgedruckten Anfang der Odyssee auswendig lernen. Wir mussten es, aber ich konnte noch nie gut auswendig lernen und war entsprechend froh, dass ich nicht aufgerufen worden bin, ... Fünf Jahre Altgriechisch, jede Menge Stunden pro Woche. Vergeudete Zeit? Sinnlose Quälerei mit einer schwierigen Sprache? Wenn ich überlege, was wir alles gelernt haben in den verschiedenen Fächern und was davon alles eine sinnlose Quälerei war, dann schwimmt das Griechische mitten drin in einem breiten Strom von allerlei Unterrichtsinhalten, die vielleicht wichtig waren oder sind. Der Tintenfisch beispielsweise wurde durchgenommen. Die einen haben was gelernt in den Stunden und es nach dem Test sofort wieder vergessen, an den anderen ist es vorbeigerauscht wie all die anderen Unterrichtsinhalte, vorbeigerauscht wie der Strahlensatz und die Judenbuche. Und das liegt nicht an der Judenbuche. Was d...

Do ut des oder: Wenn du mir nichts gibst, kriegst du auch nichts.

    Do ut des - ich gebe, damit du gibst. Alter römischer Rechtsgrundsatz, überdies auch ein Kernsatz der römischen Religion: Ich opfere der Göttin oder dem Gott XY etwas, damit diese sich erkenntlich erzeigen. Ein Handel, der umso näher liegt, als dass er einem allgegenwärtigen kapitalistischen Prinzip entspricht. Diesem Handeln mit der Götterwelt hat das (jesuanische) Christentum übrigens ein Ende gesetzt. Sola Gratia. Aber ach, der Gedanke, man könne doch etwas heraushandeln, war wohl zu tief verankert oder zu verführerisch: Jeder, der eine Kerze am Antonius-Altar anzündet, damit der Heilige Antonius ihm hilft, einen verlorenen Gegenstand wieder zu finden, gibt etwas, damit ihm etwas gegeben wird: do ut des. Bei der Bloggerei und in den sozialen Medien zündet niemand eine Kerze an, wenn er etwas haben will. Was man als Akteur in den sozialen Medien haben will, ist Aufmerksamkeit. Und was man dafür gibt, sind Herzchen und Kommentare, wer vielen folgt, dem folgen auch viele. ...

Wahlkampf auf dem Dorfe

 Der Wahlkampf ist in vollem Gange. Kommunalwahlen in 10 Tagen.  Aber der Wahlkampf hier im Dorf und in der Kleinstadt, zu der unser Dorf gehört, ist - sagen wir - etwas merkwürdig. So ein üblicher Wahlkampf findet nämlich gar nicht statt. Keine Versammlungen, keine Stände vor den Geschäften, wo man Kugelschreiber oder ein Blümchen geschenkt bekommt, keine Kandidaten, die von Haustür zu Haustür gehen. Das einzige, was ich sehe, sind Plakate. Auf dem Weg vom Haus zum Bahnhof: Alles voller Plakate. Auf der Fahrt zum Aldi habe ich gesehen, wie von der Ladefläche eines Transporters aus zwei Menschen ein Plakat an einem Laternenmast aufgehängt haben. Ein recht junger Mann, eindeutig zu den People of Color gehörig, wie man heute sagt. Und eine Frau in den 30er, deren Haut weiß ist, deren sehr, sehr langen Haare aber sehr rot gefärbt waren. Kannte ich beide nicht. Auf der Rückfahrt vom Aldi habe ich dann mit Erstaunen bemerkt, dass es sich bei den Plakataufhängern um die örtlichen Ka...

Die Kunstsammlung der Stadt - Archivbesuche 2

  Die einzelnen Werke der Kunstsammlung der Stadt sind im Katalog der Stadtbücherei erfasst, online einsehbar für alle. Prima, das ist doch schon mal eine gute Grundlage. Aber 1: Die Werke sind ohne Abbildungen erfasst. Wie soll sich jemand für die Ausleihe eines Bildes entscheiden, wenn er noch nicht einmal eine kleine Abbildung sehen kann? Nur nach dem Namen des Künstlers? Also müssen Reproduktionen aller Werke her und in den Katalog eingepflegt werden. Alle Werke sind mal abfotografiert worden, weiß eine der Bibliothekarinnen, aber wo sich die Reproduktionen befinden, das weiß sie nicht.  Nach einer Weile finden wir im Keller eine ganze Menge Dias. Da hat jemand vor langer Zeit die Bilder mehr oder weniger profimässig reproduziert. Vor langer Zeit: Die Dias sind längst nicht mehr farbgetreu. Und was will man 2025 mit Dias? Einscannen? Dann versuchen, mit Photoshop wieder korrekte Farben zu erzielen? Wird kaum hinhauen und wäre eine Heidenarbeit. Und weil die Dias nicht besc...

Die Kunstsammlung der Stadt - Archivbesuche Teil 1

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  Mit "Es war einmal" fangen alle Märchen an, auch die, die nicht gut ausgehen. Bei der Geschichte, um die es hier geht, ist noch nicht klar, wie sie ausgehen wird. Noch ist Dornröschen in seiner Tiefschlaf-Phase. Unser Dornröschen besteht aus über 700 Kunstwerken und schläft im Keller der örtlichen Stadtbücherei. Seit genau 10 Jahren. Und vorher? Nun, es war einmal ein typisches Projekt der 70er Jahre: Zugang zu hochwertiger Kunst für alle! Demokratie! Partizipation! Dafür kann die Stadt (50.000 Einwohner) doch mal etwas Geld locker machen … Und schon hat der Stadtrat beschlossen, eine städtische Artothek zu gründen. Zwei schöne Räume in der neuen Realschule waren frei, eine Planstelle wurde geschaffen, ein jährlicher Ankaufsetat im Haushalt ausgewiesen. Wie man so hört, sei das Angebot ganz gut angenommen worden. Nicht wenige Kunstwerke sollen ausgeliehen worden sein. Zwar nicht von den Schichten, denen man Zugang zur Kunst ermöglichen wollte, sondern von Arztpraxen, Rechts...

Soziale Medien - meine Erfahrungen 2

 Ich habe sie alle durch, sozusagen. Nein, natürlich nicht alle. TikTok fehlt mir beispielsweise noch in der Sammlung. Facebook fand ich anfangs interessant. War ja was Neues und man hat da auch Bekannte getroffen. Aber das war das Problem: Manche Leute, die ich auch im Real Life ab und an gesprochen habe, haben mich auf Facebook enorm mit ihren ständigen schrägen Beiträgen und Reposts genervt. Hast Du das denn nicht auf Facebook gelesen? Ich habe es doch mehrmals geschrieben, wurde ich dann gefragt. Da hätte ich ehrlicherweise sagen müssen: Nein, den Schmarrn, den du da postest, den lösche ich sofort. Meine Lösung: Ich habe mich von Facebook ganz abgemeldet. Habe ich auch nie bereut. Spart Lebenszeit. Irgendwann so um 2010 wurde das Bloggen modern. Habe ich auch direkt mitgemacht, und zwar anfangs hier, bei Blogger. Warum gerade Blogger, weiß ich nicht mehr. Ich habe dann fast zwei Jahre lang fleißig über dies und das geschrieben und meine Bilder gezeigt. Die Resonanz war gleich n...

Soziale Medien - meine Erfahrungen I

 Eine Beobachtung vorab: Öfter erlebe ich, dass Leute sich kritisch zu den sozialen Medien äußern. Auf Nachfrage stellt sich dann meist heraus, dass sie die Plattformen, von denen sie reden, nur sehr flüchtig oder gar nur vom Hörensagen her kennen. Vom Hörensagen, das heißt meistens, dass sie die Urteile und Wertungen übernehmen, die ihnen von den Medien, die sie gewohnheitsmäßig konsumieren - nämlich gedruckte Zeitungen, Radio und Fernsehen - vorgesetzt werden. Dass dahinter ein beinharter Kampf um Marktanteile und die zunehmende Verzweiflung der traditionellen Medien stehen, die sehen, wie ihr Einfluss dahinschwindet, liegt zwar auf der Hand, wird aber kaum gesehen. Was ebenfalls kaum gesehen wird: Wer sich täglich ein paar Stunden vor den Fernsehapparat setzt, oft und im Auto grundsätzlich das Radio einschaltet, hat nicht das Recht, diejenigen zu kritisieren, die sich ausgiebig mit Handy, Tablet und Computer beschäftigen. Was, nebenbei gesagt, auch ein Generationenproblem zu sei...